Zolltag

Der Tag beginnt mit einer Überraschung. Wir stehen bei Misha im Hof und holen unser Bikers, die wir die letzten Nächte zur Sicherheit bei im geparkt haben. Etwas verschlafen aber gut gelaunt kommt Misha mit einen Luftgetrockneten Fisch und einer Schatulle unter dem Arm aus der Haustür. Mit Freude strahlender Mine überreicht er mir die Schatulle, es ist ein Geschenk von ihm und seiner Mutter. Zu unserer Überraschung kommt aus der Kiste ein filigranes Glasglöckchen. Etwas beschämt und verlegen, wissen wir nicht so recht was wir drauf sagen sollen. Es fällt mir so schon schwer genug heute Morgen Abschied zu nehmen, nun aber stehen wir mit leeren Händen bei unser Gastgeber im Hof, die Linsen und Spätzle haben wir ja bereits in Murmansk zurückgelassen, es bleibt uns einzig und allein, uns mit einer Einladung nach Deutschland für alles zu bedanken. Zu dritt fahren wir Richtung Westen durch die Vororte der Stadt. Es ist ein bizarres Bild was sich uns bietet, links von mir reihen sich alten Wohnblocks aus der Sowjetzeit an einander , auf der rechten Seite habe ich den Eindruck durch eine Amerikanische Einkaufswüste zu fahren, Werbebanner mit 10 qm und mehr, stehen dicht an dicht an einander, dahinter Shoppingmals die deinen in der USA in Größe und Aussehen in nichts nachstehen. Die Häuserreihen lichten sich, und je weiter der Abstand zwischen den einzelnen Gebäuden wird, je größer werden auch wieder die Schlaglöcher. Jetzt wo die Straße zu einer Piste wird, verabschieden wir uns endgültig von Misha, wir fassen uns kurz eine herzliche Umarmung und wir sind wieder alleine. Lange Zeit herrscht Ruhe auf dem Intercom. Die Stadt verschwindet langsam im Rückspiegel, und meine Gedanken scheinen sich von all dem erlebten der letzten vier Tage nicht lösen zu wollen. Es dauert lange bis er wieder da ist, der Travel Bug, dieser Reisevirus der mich vorantreibt, mich neugierig macht auf die nächsten Begegnungen, die nächste Änderungen in der Landschaft und auf das neue was in Tallinn auf uns wartet.
50 Meter vor der russischen Grenze steht ein Stoppschild auf der Straße, und mir ist klar, sie ist wieder da, die Alte Macht der Beamte und Soldaten dieses Riesenreichs. Hier darf man nicht wie bei der Einreise bis zur Schranke vor fahren, und es kommt auch niemand um einem die Papiere zu bringen. Absteigen zum Wachhäuschen laufen und die Papiere holen, dann zurück laufen und bis zur Schranke vor fahren und demütig hoffen dass sie sich öffnend und man in die Grenzstation einfahren darf. Zielstrebig gehen wir mit den Papieren ins Abfertigungsgebäude, wir starten gerade und beginnen mit ausfüllen, aber was ist dass!?! Dieses Formular ist ja in Kyrillisch es gibt auch nicht wie in Kirkenes eine Auslage mit anderen Formularen in der wir vielleicht eine englische Version finden können. eine etwas untersetzte Zollbeamtin kommt vorbei und Robert versucht ihr spontan unser Problem zu erklären. Sie nickt freundlich und gibt uns ein Zeichen ihr zu folgen. Draußen auf dem Zollhof geht sie in das erste Schälterhäuschen ohne Rücksicht fährt sie in eine laufende Diskussion zwischen einem Ausreisenden und ihrer Kollegin, anscheinend hat Robert die Chefin erwischt den zu unser Freude können wir nun von draußen beobachten wie sie gemeinsam die ganze Hütte auf den Kopf stellt und dann aus einem Stapel Papier ein paar Blätter zieht die wir Sekunden Später in in den Händen halten. Den Rest kennen wir schon aus der Einreise, einziger Unterschied ist, dass hier alles draußen abläuft und wir von Schalter zu Schalter mit dem Moped fahren dürfen. Die Prozession beginnt bei der Erfassung der Fahrzeugdaten, die Beamtin ohne technischen Verstand tut sich sichtlich schwer beim Lesen des deutschen Fahrzeugscheins, und da ich wie bei der Einreise den Hubraum meines Motorrades nicht exakt mit 1170 ccm sondern einfach mit 1200 ccm angegeben habe sucht sie diese Zahl vergebens. Sie wendet den Schein hin und her und tippt dann einfach eine wilde Zahlenkolonne in ihren alten Computer. 10 Meter weiter kommt nun der Kollege und wirft einen Blick auf Motorrad und Inhalt der Koffer bevor es dann zur letzten Station, der eigentlichen Ausreise geht. Die Einreise nach Estland geht relativ schnell von statten. Einzig und allein das ich bei der Einreise die LKW Spur benutze lässt den Zöllner kurz ungnädig werden.

Auf der breite, gut ausgebaute Straßen gleiten wir Richtung Tallinn. Die Blauen Schilder mit dem goldenen Sternenkranz in der Mitte kenne ich schon aus Spanien, sie verweisen auf den Sponsor der perfekten Infrastruktur mitten im nirgendwo.