STATOIL

Die Sonne lacht, und mir ist so gar nicht nach Stadtbesichtigung. Viel mehr studiere ich die Karte und plane meine Rückreise. Weiter Richtung Westen an der Küste entlang, oder doch Richtung Süden durch Polen und Tschechien . Ich wähle die westlich Route. Habe ich doch so die Möglichkeit noch einen Stopp bei meinen Verwandten in Wismar zu machen.

Der Verkehr heute Morgen katapultiert mich regelrecht aus der Stadt. Mir scheint, als wollen alle Polen bewiesen, dass sie schneller sind als all die Russen, die mich unterwegs bis her überholt haben. Bevor ich aber richtig durchstarte brauchen die GS und ich erst mal ein Frühstück. Auf der Suche nach einem Straßencafé taucht ein lieb gewonnenes Zeichen am Straßenrand auf.

STATOIL. Seit Beginn der Reise war dies stets unser erste Adresse wenn es darum ging, Bikes oder Fahrer nach zu tanken. Diese Zapfstation ist nicht nur eine Tanke, sie ist Supermarkt, erstklassig „Freske“ und Treffpunkt für durchgefrorene Biker in einem. Auch im tiefsten nirgendwo, zwischen Murmansk und Sankt Petersburg gab es eine STATOIL. Die einzige Marke in Russland bei der man einfach vor fährt, den Rüssel in den Tank steckt, volltankt und zahlt. An anderen Tanken war es immer ein wenig komplizierter den richtigen Brennstoff und die Maximale Füllmenge zu bekommen. Unser erster nicht STATOIL Tankstopp in Russland war ein Lernprozess. Vorfahren, Tankdeckel auf, Rüssel rein, nix kommt. Zapfpistole zurück, noch mal von vorne, wieder nix. Rein in die Tankstellenbude, an die Kasse, auf die Zapfe zeigen und mit den Schultern zucken. Die Olga an der Kasse macht mir klar, dass sie erst Geld haben will bevor ich was bekomme. Nun geht das Rechnen los, wie viel passt wohl in die Tanks der beiden Motorräder und was kostet dass „Pitnazet Litre“ sag ich, und bin guter Dinge dass ich nun was bekomme. Aber von wegen, ein Wortschwall auf Russisch kommt zurück. Ich zucke abermals mit den Schultern. Die Dame kramt nun einen Kugelschreiber und Blatt hervor und schreibt, 82 85 92. jetzt dämmert es mir. Sie will wissen was wir tanken wollten. Ich schreibe eine 95 (gibt es aber nicht überall) dahinter, dann zahlen und erst am Schluss tanken. Das ist der normale Russische Ablauf.

die GS bekommt nach den gestrigen 330 km mit Ostkraftstoff heute 17 Liter mit echten 98 Oktan, ich hingegen begnüge mich mit Croissant und Milchkaffee. Das Moped scheint sich über den guten Kraftstoff zu freuen, der Motor schiebt mächtig an, und auch von den reibende Geräuschen des Kardanantriebs, der mich die letzten Tage ein wenig beunruhigt hat, ist heute Morgen fast nichts zu hören.

Deutschland kann noch warten. An der Küste biege ich nach Osten ab und rocke zusammen mit einem Buell-Fahrer noch mal ordentlich die kurvige Landstraße hinter der Düne. Erst am späten Nachmittag kann ich mich überwinden die Grenze nach Deutschland zu überfahren. Eine Gewitterwolke drängt mich von der E105 wieder an die Ostsee, die Straße ist so schlecht dass ich mich sofort wieder 500 km Richtung Osten versetzt fühle, und gar nicht bemerke, dass ich in Deutschland bin. In der Abendsonne drehe ich noch eine Acht auf Rügen. Meinen ursprünglichen Plan hier zu Übernachten verwerfe ich Angesichtes 25 EUR für einen Zeltplatz und kommen 20 km westlich für weniger als die Hälfte sehr gut unter.